Irgendwie

Es tut weh, zu sehen, wie seinem kleinen Kind Blut abgenommen wird oder wie Katheter in seine kleinen Venen gelegt werden. Aber man weiß, es wird ihm helfen. Dann kann man das aushalten. Irgendwie.

Es ist beängstigend dabei zuzuschauen, wenn dem geliebten Sohn Sonden durch die Nase in den Magen gelegt werden. Oft blutet es aus der Nase, der Brechreiz wird ausgelöst. Das Kind hat keine Chance sich zu wehren. Aber man weiß, über diese Sonde kann man ihn ernähren. Ihm vitamine, Nährstoff und Kalorien zuführen. Alleine schafft er es nicht. Es wird ihm helfen wieder zu gedeihen. Er wird wieder Kraft zum Spielen und sich entwickeln haben. Dann kann man dabei ruhig bleiben. Irgendwie.

Man muss Medikamente geben von denen ihm schlecht wird. Solche, die scheußlich schmecken. Chemiekeulen mit heftigen Nebenwirkungen. Das geht nicht leicht von der Hand. Aber man weiß, sie werden ihm helfen. Er wird anfallsfrei, Entzündungen können abklingen, sein kleiner Körper kann gesund werden. Dann kann man diese Mittel geben. Jeden Tag. Irgendwie.

Es fühlt sich fürchterlich an, Einverständnis Erklärungen für kleine und große Eingriffe zu unterschreiben . Narkosen zuzustimmen und das wertvolle Kind in die Hände der Chirurgen zu geben. Aber die Aussichten auf eine Besserung der gesamt Situation treibt einen an, ihm das zuzumuten. Danach wird es ihm besser gehen. Er wird von diesem Eingriff profitieren. Und so unterschreibt man. Stimmt zu. Hofft dass alles gut geht. Irgendwie.

Es scheint nicht richtig, Wochen - und Monate lang getrennt von seinem Mann und den Töchtern zu sein. Doch dieser Klinik Aufenthalt wird ihm zugute kommen. Endlich gibt es Ideen. Sie werden ihm helfen. Und dann kann Ruhe in die Familie einkehren. Gute Aussichten! So bleibt man mit ihm in der Klinik, getrennt von Zuhause. Und es geht. Irgedwie.

Vieles kann man aushalten. Vieles kann man leisten. Vieles funktioniert. Irgendwie.

Doch sein Kind vor Schmerzen weinen zu sehen übersteigt alles, was einem Elternherz abverlangt werden kann. Wenn er sich krümt und nichts Linderung bringt. Dann ist es zum Verzweifeln. Es ist nicht gut zu reden. Es hat keinen Nutzen. Es wird nichts helfen. Es scheint sinnlos und unfair. Man ist für ihn da. Hält ihn fest im Arm. Tut was man kann. Es bringt alles nichts. Er weint. Das auszuhalten ist fast unmöglich. Ich werde mich niemals daran gewöhnen, auch nicht Irgendwie


Vom Bimmeln

Mein Mann und ich teilen uns die Nächte auf. Einer versorgt Junior in der ersten Nachthälfte, während der andere ein paar Stunden fest schlafen kann. Zur zweiten Nachthälfte wird getauscht. So hat jeder ein paar zusammenhängende, ruhige Schlafstunden. Nun hat mein Mann die erste Hälfte übernommenen. Junior lagern, Infusionen an- und abhängen, wickeln und was sonst noch so anfällt. Meine erste Tat wird um 3 Uhr das anhängen eines Schmerzmittels sein. Mein Wecker ist gestellt. Mit der Zeit habe ich gelernt, alle Geräusche auszublenden, wirklich nur meinen Wecker zu hören und dann auch aufzustehen. Ich schlafe fest, während mein Mann gut beschäftigt ist. Um 1 Uhr wird Junior ruhig. Die Schicht meines Mannes ist geschafft. Er legt sich hin. Schläft schnell ein. Um zwei Uhr wird sein Schlaf unterbrochen von einem Bimmeln. Er ordnet das Bimmeln im Halbschlaf als meinen Wecker ein. Er möchte mir einen Gefallen tun. Er meint ich sei zu müde um meinen Wecker zu hören. So bereitet er die nächste kurzinfusion vor. Zieht Schmerzmittel auf und hängt das steril an Juniors port an. Um 2.45 Uhr klingelt mein Wecker. Ich stehe auf. Möchte alles vorbereiten und sehe, dass die fertige Infusion schon hängt. Verwirrt gehe ich zu meinem Mann, der bereits wieder im Bett liegt. Im Halbschlaf erzählt er mir, wie wild mein Wecker geklingelt hat und ich ihn überhört haben muss. Nein das kann nicht sein. Es ist jetzt 3 Uhr. Genau meine vereinbarte Zeit. Da bimmelt es wieder. Mein Mann sagt, schalte deinen Wecker endlich aus! Ich muss herzlich lachen. Was da bimmelt ist das Babyfon. Der Akku scheint zu schwächeln. Ich stecke den Netzstecker ein und hänge das babyfon an den Strom. Sofort verstummt das Bimmeln. OH je, wie müde mein Mann gewesen sein muss. Er hört im Halbschlaf das Bimmeln des babyfon Akkus und rennt los, um Junior mit Schmerzmittel zu versorgen. Mal wieder denke ich mir 'wir werden bekloppt dabei'. Er schläft. Ich übernehme die restliche Nacht und gebe acht, dass sein Schlaf von keinem weiteren Bimmeln unterbrochen wird. Um 6 Uhr klingelt sein Wecker. Er muss zur Arbeit. Er ist müde, schleppt sich durch den Tag. Es tut mir leid! Nächste Nacht werde ich mehr übernehmen! Ich bin dankbar, dass wir ein so gutes Team sind. Alleine wäre die Aufgabe die uns gestellt ist nicht zu bewältigen! Wie gut, dass ich ihn geheiratet habe. Ein ganz besonders toller Mann. Damit habe ich zwei Männer dieser Sorte. Meinen besonderen Sohn und meinen ganz besonders tollen Mann! Wie reich ich doch beschenkt bin!! Dankbar starte ich in den neuen Tag. Bereite Infusionen vor, quitiiere ständig irgendein gebimmel irgendeiner Pumpe. Und versuche nebenher irgendwie meinen Haushalt aufrecht zu erhalten.


Bekannt

Neulich im Aufzug Junior, aktuell in der Klinik, hatte eine Untersuchung. Auf dem Weg zurück zur Station habe ich ihn mit seinem Namen angesprochen. Eine ältere Dame, die mit uns im Aufzug stand sagte sofort 'M.? DER M.? Der mit der parenteralen Nahrung? Jetzt habe ich endlich mal ein Gesicht zu dem Namen.' ich konnte sie gar nicht einordnen. Hatte sie noch nie gesehen. Nachdem ich sie verwirrt angeschaut habe, klärte sie die Situation auf. Sie ist eine Außendienst Mitarbeiterin der Apotheke bei der wir die Infusionen für M. beziehen. Sie kennt den Namen, die Diagnose und seinen Medikamenten Plan. Nun kennt sie also auch sein Gesicht. Ein paar Tage später. Nachts, 2 Uhr. Junior weint vor schmerzen. Die Krankenschwester hat ihre Möglichkeiten an Schmerzmittel ausgeschöpft. Sie ruft den diensthabenden Arzt an. Er kommt. Ein junger, kompetenter Arzt. Er kümmert sich zügig darum, dass die Schmerzen aufhören. M. kommt zur Ruhe. Der Arzt sucht noch das Gespräch mit mir. 'das ist also DER M. Jetzt habe ich endlich ein Gesicht dazu. Wenn auch nur im Dunkeln. Aber ein ungefähres Bild.' Ich frage ihn, ob wir uns kennen. Nein, er ist neu in der Klinik. Außerdem auf einer anderen Station. Wir sind uns noch nie begegnet. Woher kennt er dann unsern M.? Na, sagt er. Auf der Station für neurologisch erkrankte Kinder spricht jeder von ihm. Ein spanned Fall, der immer wieder diskutiert wird. Je länger ich mit ihm spreche, desto klarer wird mir, wie vertraut diesem fremden Arzt M. Krakengeschichte ist. In der Cafeteria der Klinik bestelle ich einen Cappuccino. Während die Milch und der Kaffee in die Tasse läuft fragt die Kassiererin 'wie geht es Ihnen? Ich habe sie länger nicht mehr gesehen. Wie geht es Ihrem Sohn? Ist er wieder wegen Problemen am Port da oder wegen des krampfens?' ich bin verwirrt. Auch hier sind wir bekannt. Sie spricht mit mir, wie mit einer vertrauten Freundin. Ich antworte knapp. Sie lächelt mir nett zu' alles gute Ihnen! Der Kaffee geht aufs Haus. Sie sind ja unsere treuste stammkundin' Dankbar um den Kaffee laufe ich zurück zur Kinderklinik. Auf die Station, auf der uns jeder Arzt, jede Krankenschwester, jede Putzfrau, Erzieherin und jeder Therapeut in und auswendig kennt. Das weiß ich. Aber die Erkenntnis, dass wir mit Name und Diagnose weit über die stations Türen hinaus bekannt sind, trifft erstmal hart. Was muss passieren, um solch einen Bekanntheitsgrad zu erreichen? Vermutlich muss man ziemlich doll krank sein. Hinzu kommt dass man etwas 'interessantes / besonderes / nicht alltägliches' mitbringen muss. Dann diskutieren die verschiedenen Ärzte und Fachrichtungen immer wieder über den 'Fall'. Viele der diskutierenden haben dabei nie in M. Gesicht gesehen. Ob sie anders diskutieren und beraten, wenn sie ihn mal in echt gesehen haben? Auf der einen Seite bin ich dankbar um viele Ärzte und Disziplinen, die sich Gedanken um sinnvolle nächste Schritte machen. Auf der anderen Seite macht es mich traurig, dass mein Sohn in diese Kategorie 'doll krank- sehr selten - total spannend' passt. Für mich ist und bleibt er mein super süßer- toller - lieber - verschmuster - fröhlicher - sehr geliebter - und wunderschöner Junge!


Das bisschen Haushalt

Es ist Wochenende. Ich darf nach Hause. Der Papa kommt ins Krankenhaus, übernimmt die sitzwache am Bett unseres Sohnes. Ich habe Zeit mit meinen Töchtern. Zum Ausruhen. Zum Schlafen. Zum gesund Essen. Und was uns noch so einfällt. Ich spiele mit den Mädels, lese was vor und höre ihnen zu. Wir genießen uns. Wäre da nicht das Schrecken namens Haushalt. Hier ist viele Wochen schon nicht mehr viel passiert. Überall liegen Dinge rum, die da nicht hingehören. Ich sehe dicke Staub Schichten. Die Türklinken kleben. Das Bad und die Toiletten können unmöglich so bleiben. Während meine Töchter Hausaufgaben machen, fange ich an. Ich hole mir eine große Kiste in die ich all das rein räume, was hoch in die Kinderzimmer gehört. Playmobil, Bücher, die Klarinette meiner größten, Klamotten, gebasteltes. Sie haben so große Kinderzimmer. Warum können sie nicht all das Zeug dort lassen? Meine Töchter bemerken meinen aufräum wahn. Sie erzählen mir, dass sie ein Klarinetten Konzert für Opa gemacht haben. Stolz erzählt mir meine große, wie gut es schon klappt, was sie schon alles kann und wie viel Spaß ihr das Musik machen bereitet. Die andere erzählt, sie habe zu der Musik getanzt. Deshalb liegen also ihre sport Klamotten hier auf dem Sofa. Sie erzählen begeistert weiter, wie viel Spaß es gemacht hat, mit der Oma playmobil zu spielen und wieviel Zeit sich Papa abends genommen hat zum Vorlesen. Mein Herz wird warm. Habe ich mich gerade noch über die Unordnung geärgert? Wie doof von mir! Zeugt dieses Chaos doch von den glücklichen Momenten, die meine zwei Töchter die letzten Wochen, trotz allem schwierigen, hatten! Die Mädels sollen jetzt konzentriert die Hausaufgaben fertig machen. Ich schleppe den schweren Korb hoch. Räume alles in Regale und Schränke. Im Wohnzimmer wische ich den Staub von den Oberflächen und sauge den Fußboden. Ich gieße die Zimmerpflanzen die alle etwas trocken wirken. Wie gut, dass mein Mann sich die Zeit für die Mädchen genommen hat, nicht für die Fensterbänke und Zimmerpflanzen. Ich freue mich über die Ordnung. Bin erfüllt von Dankbarkeit beim Anblick meines schönen zuhauses! Jetzt ist das Bad dran. Beim Anblick des Wäschekorbs wird es mir kurz anders. Ein riesen Stapel Wäsche türmt sich weit über die Grenzen des Korbes. Ich schleppe einen Teil dessen in die Waschküche. Ich laufe noch dreimal bis ich alles aus dem Bad geschafft habe. Aber hey - es hat jemand darauf geachtet dass meine Töchter stets sauber angezogen waren. Außerdem tut die Bewegung nach all den Wochen Händchen halten am Krankenhaus Bett sehr gut. Ein Hoch auf meine ganz besondere Freundin - die Waschmaschine. Sie wird sich diesem Problem annehmen. Ich werde immer vergnügter bei meinem Vorhaben Ordnung zu schaffen. Ich Schrubbe und scheuere um mein Badezimmer in einen Zustand zu bringen, der mir gefällt. Was für ein Luxus dieses Badezimmer bietet, vergleicht man es mit der Nasszelle in der Kinderklinik. Wie schön es ist, meine Ordnung wieder herzustellen, den Duft einzuatmen der sofort mit 'mein Zuhause' assizoiert wird. Die großen haben die Hausaufgaben fertig. Sie spielen schön zusammen. Ich stelle fest, dass überall noch Weihnachtskugeln, weihnachtliche Beleuchtung und deko zu finden sind. sogar der Advents Kalender der Kinder hängt noch geplündert an seinem Platz . Wie schön Weihnachten war! Wie unbeschwert wir alle zusammen sein konnten. Es tat so gut, die ganze Familie zu sehen. M. ging es super. Ach, was hatten wir eine schöne Advents und Weihnachtszeit. Das scheint alles soo weit weg. So unwirklich. Gäbe es nicht die Fotos, auf denen alle glücklich, gelöst und unbeschwert in die Kamera lachen. Ich schaue sie mir an. Lass den Moment wirken. Erinnerungen. Das kann uns nichts und keiner nehmen. Ich beschließe erst fertig aufzuräumen und sauber zu machen. Die Weihnachtsdeko ist ganz am Schluss dran. Ich sauge Flure und wische Treppen. Ich freue mich über den frischen Duft der sich ausbreitet. Zwischendurch lese ich den Mädels ein Buch vor und helfe ihnen beim Basteln. Ich hänge Wäsche auf und starte die nächste ladung Wäsche. In einem Eck steht ein Spiegel, der irgendwann mal seinen Platz an der Wand finden sollte. Bisher hat sich ihm keiner angenommen. Er steht da schon zwei Jahre. Ich stoße irgendwie doof dagegen. Ich kann ihn nicht mehr auffangen. Er fällt um. Zerbricht in Millionen Einzelteile. Der Flur war doch schon fertig gesaugt! Ich versuche vorsichtig ein Slalom um die Scherben hin zum Besen. Ich schiebe die Scherben zusammen. Da packt mich meine kreative Ader. Ich könnte ein Spiegel Mosaik an die Wand kleben. Ich merke dass ich zu lange nichts mehr gemacht habe, was mir wirklich Spaß macht. Ich sammle die Scherben auf, lege sie in eine Kiste. Ich freue mich drauf, kreativ zu werden! Den Flur sauge ich nochmal. Ich mache ein Abendessen für uns drei. Wir setzen uns in Ruhe hin. Wie schön es ist zuhause zu sein. Einfach schön. Ich bin glücklich. Dankbar. Abgeschafft? Genervt? Kein bisschen! Ein bisschen staune ich über mich selbst. Es scheint alles eine Sache der Ansicht zu sein. Eigentlich bekomme ich schlechte Laune an dem Gedanken, was im Haushalt alles liegen geblieben ist. Heute ist das anders. Heute spiegelt es mir, wie glücklich, wie beschenkt, wie reich und wie gesegnet wir sind. Ich bringe die Mädchen ins Bett. Feierabend. Ich genieße die Stille. Einfach ich. Erfüllt und dankend beende ich diesen Tag. Morgen geht's wieder zurück in die Klinik. Heute genieße ich einfach noch!


Ich

Ich sitze neben ihm. Ich laufe den Gang rauf und runter. Auch mal zur Cafeteria. Ich helfe M. wenn er sich übergeben muss. Ich lege Waschlappen auf seine Stirn. Ich warte auf Blutwerte. Ich spreche mit verschiedensten Ärzten und Fachrichtungen. Ich beziehe das Bett wenn was daneben ging. Ich starte auf Ultraschall Bildschirme. Ich habe immer personal um M. Bett. Ich Kämpfe darum dass er nicht unnötig gestochen wird. Ich spreche mit der seelsorgerin. Und oft vergesse ich zu essen. Ich versuche einmal am Tag an die frische Luft zu kommen. Ich telefoniere, um ein nach Hause kommen zu organisieren. Ich Creme Juniors Lippen ein. Ich lager ihn um. Ich Weine auch mal. Ich trinke dünnen Klinik Kaffee. Ich telefoniere mit Zuhause. Ich koordiniere die Termine der Mädels. Ich freue mich ihre Stimmen zu hören. Ich bin voller Stolz. Ich klick mich durchs Internet. Ich halte Smalltalk mit den Schwestern. Schaue aus dem Fenster, freue mich über das Leben dass ich dort beobachte. Ich lese M. Was vor. Ich sage ihm, wir sehr ich ihn liebe. Ich schreibe Briefe an meine Mädchen. Ich erlebe Ärzte Pfusch. Ich Kämpfe. Ich bin müde. Ich lese liebe Nachrichten. Ich hinterfrage. Ich küsse meinen Sohn. Ich massiere seine Füße. Ich freue mich meinen Mann und meine Töchter zu sehen. Ich freue mich über frisches Obst. Ich höre Musik. Ich liebe meine Familie. Ich hoffe. Ich bete. Ich ringe. Ich höre sprach Nachrichten. Ich bin dankbar um alle Hilfe Zuhause. Ich staune über alles gute was uns gerade widerfährt. Ich grinse unter meinem Mundschutz über skurrile Situationen. Ich lache auch. Ich lebe von Moment zu Moment und versuche aus alle dem was gerade passiert das Beste zu machen. Ich bin froh M. zu haben, stolz seine Mama zu sein!


Stärke

Heute sitze ich viel an seinem Bett. Er ist zu schwach es zu verlassen. Er ist blass und hat tiefe Augenringe. Seine Lippen sind rissig. Die Haare lange nicht mehr gewaschen. Die OPs und die Schmerzen der letzten Wochen haben Spuren hinterlassen. Er möchte meine Hand nicht loslassen. Mal reicht eine, mal braucht er meine beiden Hände. Ich denke nach.

" ihr seid so stark" Das hören wir immer wieder. Ich für meinen Teil fühle mich nicht besonders stark. Gar nicht. Kein bisschen.

Stark – weil wir „weitermachen“? Was heißt denn weitermachen? Weiterleben? Und was wäre die Alternative? Ich weiß es nicht.

Stark – weil wir nicht „daran“ zerbrechen ? An dieser Krankheit. Aber woran merkt man, ob jemand zerbrochen ist? Ich fühle mich häufig in zwei Teile zerrissen. Ein Stück meines Herzens ist mit ihm. Hier in allem Schweren. Das andere Stück ist Zuhause bei meinen Mädchen. Meinem Mann.

Stark - wären mir alle Kräfte dieser Welt, zur Seite gestellt, Stünden mir sämtliche Schätze der Menschheit zur Verfügung Ich gäbe das alles nur dafür hin, dass Die schmerzen aufhören und er Unbeschwert kind sein darf. Stark - dabei sind es doch Kraft und Mut Die mir oft fehlen. Aber das, was ich habe, Das teile ich mit ihm. Mit meiner letzten Kraft Will ich hoffen, warten, aushalten, vertrauen, beten Und glauben.

Stark - vielleicht muss ich das gar nicht sein. Der Gott, an den ich glaube, sagt: "Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den schwachen mächtig" Stark - ich bin es nicht. Aber ER in mir.


Immer im Februar

Februar 2015 Unser M. wird geboren. Ein kräftiges, offenbar fittes Baby. In seinem Fotoalbum beschreibe ich ihn mit 'wunderschön und kerngesund' An seinem 7. Lebenstag fällt er erstmals als 'besonders' auf. Mit 5 Wochen starten wir die Krankenhaus Karriere. Das erste Lebensjahr ist mühsam. Viel Krankenhaus, wenig unbeschwerter Alltag.

Februar 2016 M. feiert seinen ersten Geburtstag. Er hat eine Lungenentzündung. Der Geburtstag fällt dementsprechend aus.

Februar 2017 M. wird zwei Jahre alt. Diesen Geburtstag verbringen wir bei der Physiotherapeutin. Die Therapeutin macht mir starken Druck. Wir müssen dran bleiben, keine Zeit für Pause. Sonst wird M. nie laufen. Ich habe mich nicht getraut den Termin zu verschieben. M. spricht nicht. Läuft nur ein paar Schritte. Er hat nicht beherrschbare epileptische Anfälle.

Februar 2018 Wir feiern den dritten Geburtstag von unserm M. Wir sind zuhause. Seit ein paar Tagen ernähren wir M. durch eine Magen Sonde durch die Nase . Er ist schwach. Hat eine lange Hunger Phase hinter sich. Die Kraft reicht nicht zum Spielen. Er spuckt viel. Die Epilepsie ist immer noch nicht zufriedenstellend eingestellt. Er spricht kein einziges Wort.

Februar 2019 Unser lieber Sohn wird 4 Jahre alt! Eine große Garten Party ist geplant. Alle Freunde und Unterstützer sind eingeladen. 50 Würste und 70 Brötchen sind schon besorgt. Wir freuen uns! In den frühen Morgenstunden fiebert M. sehr schnell sehr hoch. Es geht ihm gar nicht gut. Die Kinderärztin schickt uns in die Klinik. Ein Abstrich liefert den Beweis : Influenza a. Für den kleinen geschwächten Körper zu viel. M. muss in die Klinik. Er bekommt Sauerstoff und ein umstrittenes neues Medikament um die weitere Teilung der Viren zu stoppen. Er ist so krank, dass er von seinem Geburtstag überhaupt nichts mitbekommt. Erst eine Woche später öffnet er das erste Geschenk. Zuhause füllt sich die Tiefkühltruhe mit Würstchen und Brötchen. Wir können noch lange davon essen. Seit einigen Wochen spricht M. einzelne Worte. Er ist schwach. Sein Magen und Darm sind mittlerweile so krank, dass wir ihn nicht mehr ernährt bekommen. Er nimmt ab. Motorische Entwicklung ist nicht möglich.

Februar 2020 Mit stärksten Schmerzen ist M. seit 4 Wochen in der Klinik. Nach einer OP geht es ihm, Gott sei Dank, jeden Tag besser. Das Krankenhauszimmer ist für den 5. Geburtstag schön geschmückt. Geschenke liegen bereit. Vom Oberarzt über die Physiotherapeutin, die Erzieherin bis hin zur Putzfrau - sie alle fiebern mit auf diesen besonderen Tag zu, und gratulieren von Herzen. Ein Geburtstagsständchen der Pfleger und Ärzte ist inklusive. M. ist ausschließlich über die Vene ernährt. Er spricht immer mehr. Er kann laufen, wenn auch am liebsten an der Hand.

Kein einziger normaler Geburtstag. Von Anfang an irgendwie 'besonders'. Noch nie hatte unser M. Gäste zu seinem Geburtstag eingeladen. Einen Kuchen braucht es nicht, er würde nichts davon essen. An keinem seiner Geburtstage war er gesund. Und doch fällt mir kein zweites Kind ein, das so fröhlich und glücklich ist. M. freut sich an den Luftballons und den Girlanden. An dem Geburtstags Ständchen und natürlich auch an den Geschenken. Er nimmt die Situation so wie sie ist und macht das Beste daraus. Der 5. Geburtstag beginnt nicht mit einem gemütlichen Frühstück und Geschenke auspacken. Als erstes wird gepiekst und Blut abgenommen. Auch das trübt Juniors gute Laune nicht. Sobald das Pflaster auf dem Einstich klebt strahlt und lacht er weiter. Stolz präsentiert er den mit Helium gefüllten Ballon in Form einer 5. Überwältigend, wieviele Menschen an diesem 5. Geburtstag an M. denken, wieviele wertschätzende Worte ihn erreichen! Am Abend Blicke ich dankbar auf diesen Tag zurück. Ich bin gerührt, habe Tränen in den Augen. Die äußeren Umstände sind alles andere als schön. Mein Sohn lehrt mich den blickwechsel. Er berührt Herzen. Danke M.


Die Socken

Seit mehreren Wochen in der Klinik. Das Ist nicht nur für M. anstrengend. Auch den Geschwistern Zuhause wird viel abverlangt. Sie vermissen M. und die Mama sehr. Auch sie machen sich Sorgen, müssen mit Ängsten um ihren Bruder zurecht kommen. Sie spüren natürlich die angespannte Stimmung, auch wir machen uns Sorgen um unsern M. Ihr Alltag wird anstrengender. Sie müssen morgens zusammen mit Papa pünktlich aus dem Haus. Er geht arbeiten, sie in die Schule. Mittags kommen alle drei zusammen nach Hause. Dann muss etwas zu Essen gekocht werden, Hausaufgaben und Haushalt warten darauf erledigt zu werden. Es muss eingekauft werden und all das, was ich sonst morgens abarbeite wartet auf die drei. Auch für sie völliger Ausnahme Zustand. Dieses mal vermisst mich meine große Tochter (8 Jahre) sehr. Wie glücklich wir alle über die Nachricht sind, dass wir ein Zimmer in direkter Nähe zur Kinderklinik anmieten können! So können wir wenigstens die Wochenenden miteinander verbringen. Papa übernimmt den Job in der Klinik. Nun darf er auf dem harten, unbequemen Stuhl neben dem Bett unseres Sohnes sitzen und seine Hand halten. Ich freue mich auf die Zeit mit meinen großen Töchtern. Im angemieteten Zimmer angekommen fällt mein Blick als erstes auf die Socken meiner Tochter. Sie sehen nicht sehr frisch aus. Ganz im Gegenteil. Dass es sich um ursprünglich weiße Socken handelt macht die Sache nicht besser. Ich frage 'was ist mit deinen Socken los?' sie zuckt mit den Achseln. Da bemerke ich, dass die Socken auch nicht richtig passen. Einer scheint viel zu groß. Der andere hat eine andere Struktur und wirkt viel zu eng. 'das sind ja sogar zwei verschiedene Socken. Zieh sie mal aus. Die sehen ekelig aus. Wie lange hast du die schon an? Und weißt du, dass das zwei verschieden Socken sind?!' Sie antwortet 'ja, das ist einer von dir und einer von M. Ich habe euch so sehr vermisst und nun habe ich euch bei jedem Schritt dabei. Und weil ihr schon so lange weg seid, muss ich sie schon lange anhaben.' Das sitzt tief. Ich schlucke. Nehme sie einfach in den Arm und genieße ihre Nähe. Ich habe sie auch so schrecklich vermisst. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich sehe wie sehr sie unter der Situation leidet. Wie sie sich Wege sucht, um mit dem Verlust, der Enttäuschung und der Angst umzugehen. Für sie sind diese Socken mehr, als schmutzige Stoff Stücke. Ich habe sie im Arm, sagte ihr, wie sehr ich sie liebe. Wie stolz ich auf sie bin. Ich sage nichts mehr zu den Socken. Abends im Bett überlege ich mir, wie ich es besser machen kann. Wie ich allen dreien meiner Kinder gerecht werden kann. Mir fällt keine Lösung ein. Die besondere Situation mit unserem besonderen Sohn verlangt auch besonderes von den Geschwistern ab. Ich bringe sie vor unsern Gott. 'Pass du auf sie auf, Fülle ihren Mangel aus und stelle ihnen zu jeder Zeit viele liebe Menschen an ihre Seite' Das Wochenende genießen wir. Ein Mädels Wochenende. Wir bummeln durch die Stadt. Lesen, spielen, erzählen. Ab und zu schauen wir nach unsern Männern im engen Klinik Zimmer. Die Socken hat sie sich irgendwann von selbst umgezogen. Nun haben wir uns ja wieder. Für einen Moment. Ich versuche den Moment zu genießen, nicht an den erneuten Abschied am Sonntag zu denken. Wie gut, dass ich sie habe- meine Mädels!


Warten

Keine leichte Entscheidung. Doch letztlich zur OP zugestimmt. In der Hoffnung auf mehr Lebensqualität durch diesen Eingriff. Eine nette Frau der Transport Pflege holt M. ab. Im Bett wird er durch die Klinik geschoben. Blass ist er. Krank. Gezeichnet von Schmerzen in den letzten Wochen. Wo auch immer wir vorbei fahren, jeder guckt einmal dieses 'arme' Kind an. Manche schauen beschämt weg, andere murmeln Dinge wie 'der arme' oder 'wie schrecklich'. Ein krankes Kind passt nicht in ihr Bild. Im OP angekommen wird das Bett in die Schleuse geschoben. Wir müssen noch warten. Der Anästhesist kommt vorbei, stellt sich vor. Er ist nett. Verspricht mir, gut auf mein Kind aufzupassen. Der Chirurg schaut auch noch rein. Ein routine Eingriff für ihn beruhigt er mich. Auch er ist sympathisch. Ich singe mit M., mache fingerspiele um die Wartezeit für ihn zu verkürzen. Und dann geht's los. Ich darf noch ein Stückchen mit. M. bekommt die 'Schlafmilch' gespritzt. Sein kleiner Körper wird ganz schlaff. Die Augen fallen zu. Jetzt muss es schnell gehen. Eine Dame schiebt mich zur Tür raus. Sie müssen jetzt zügig intubieren. Ich laufe den Flur Richtung wartebereich entlang. Stelle mir vor, wie ein Schlauch in die Atemwege meines Sohnes geschoben wird. Wie ab sofort eine Maschine dafür sorgt, dass er mit Sauerstoff versorgt ist. Ich stelle mir vor, wie viele viele fremde Hände nun an seinem kleinen Körper arbeiten. Ob sie alle fein zu ihm sind? Ob der Anästhesist und der Chirurg ausgeschlafen sind? Ganz bei der Sache? Hoffentlich sind sie mit ihren Gedanken nicht bei ihrem Auto, welches heute morgen komische Geräusche gemacht hat. Hoffentlich nicht bei der Planung des runden Geburtstages. Ich setze mich auf einen Stuhl im wartebereich. Habe ein Buch mitgenommen. Aber an lesen ist nicht zu denken. Ich krieg meine Gedanken nicht sortierten, kann mich nicht auf die Zeilen konzentrieren. Ich sitze und starre in die Luft. Ob M. bequem gelagert ist? Hoffentlich friert er nicht. Gut zwei Stunden wird es ungefähr dauern. Nach 15 Minuten schaue ich das erste Mal auf die Uhr. Ich beginne ein smalltalk mit den anderen wartenden. Alle warten auf einen angehören, der im Moment im OP ist. Ich saß hier schon oft. Routine wird es niemals werden. Immer wenn die Tür aufgeht schrecke ich auf. Gott seid dank, niemand der mit schlechten Nachrichten zu mir kommt. Immer wieder versuche ich einen Blick zu erhaschen in den OP Bereich. Alle sind entspannt. Keiner rennt oder wirkt hektisch. Hoffentlich ist alles gut. Ich schließe die Augen. Lieber Gott, hörst du mich? Bitte pass du auf meinen kleinen Sohn auf. Bitte führe du die Hände der Ärzte. Stelle deine Engel in diesen OP Saal. Lass mein inneres zur Ruhe kommen. Ich versuche die Sorge an meinen Gott abzugeben. In die Hände zurück zu geben, der alles Leben gemacht hat. Mich hält es nicht mehr auf dem Stuhl. Ich laufe den tristen Klinik Gang auf und ab. Die Minuten schleichen vor sich hin. Mein Herz kommt nicht wirklich zur Ruhe. Die Zeit ist überschritten. Drei Stunden ist mein lieber Sohn nun schon hinter dieser grässlichen Tür. "OP Bereich. Kein Durchgang!" Endlich geht die Tür auf, einer der Anästhesisten ist auf dem Weg in die Pause. Er kann mir versichern, dass alles okay ist. Dass der Chirurg gründlich gearbeitet hat, es M. gut gehe. Es dauert noch etwas. Ich solle noch warten. Ein erstes Aufatmen. Wie dankbar ich um diese Begegnung bin! Ich laufe weiter meine Bahnen über diesen Flur. Lieber Gott, bitte hilf Du meinem M. dass er gleich wieder gut selbst atmet. Gut aufwacht. Erspare Du uns den Weg über die Intensivstation. Nach der Begegnung mit dem Anästhesisten im Flur vergehen weitere eineinhalb Stunden. Fürchterlich! Was passiert hinter dieser Tür? Welche Nachricht erwartet mich, wenn die Tür aufgeht? Mein Sohn, mein Lieber Sohn. Was wird alles von Dir abverlangt?! Die Tür geht auf. Ich darf endlich zu ihm. Ich Streichle über seine Haare, küsse seine kalte Wange. Er schläft noch. Klebereste um seinen Mund lassen erahnen, wie der Tubus festgeklebt war. Schön, dass wir wieder beieinander sind. Ich halte seine Hand. Sitze neben ihm und warte bis er richtig aufwacht.


Schmerzlich

Junior weint. Er hat Schmerzen. Wie gut dass wir in der Klinik sind. Es kann ihm schnell geholfen werden. Es ist 19 Uhr. Ich drücke die Patienten Klingel. Eine Krankenschwester kommt, sie holt einen Arzt dazu. Bis er da ist, ist es 20 Uhr. Ein junger Assistenzarzt. Er ist sehr nett, hat einen guten Umgang mit M. aber fachlich ist er gänzlich überfordert. Der liegende periphere Zugang ist kaputt. Was sollen wir tun? Ich liefere meinen Vorschlag- erst mal Schmerzmittel über den Port geben und dann weiter überlegen, wenn es M. besser geht. Er stimmt zu. Es muss alles vorbereitet werden. Mittlerweile schreit mein Sohn laut vor Schmerz. Er kann nicht mehr. Wir warten und warten. In mir wächst Zorn, Verzweiflung, Wut. Um 21 Uhr sind die Schmerzmittel fertig vorbereitet. Er legt es ab, ich sehe er hat es in 1ml spritzen aufgezogen. Nein! Damit dürfen wir nicht an den Port. Der Druck auf das portsystem wäre zu groß. Wir brauchen 10 ml spritzen. Das steht gelb markiert in M. Akte. Mein vierjähriger Sohn windet sich vor Schmerz. Ruft um Hilfe. der Assistenzarzt sagt er bereite alle nochmal in 10 ml spritzen vor. Wieder vergeht eine halbe Stunde. Ich habe meinen immernoch Weinenden Sohn auf dem Arm. Gebe dann Anweisungen an Arzt und Krankenschwester wie sie zu arbeiten haben, dass es steril bleibt. Ich bitte den Arzt den Diensthabenden Oberarzt dazu zu holen. Er verneint. Der infusomat schrillt. Da fährt der Assistenzarzt aus seiner Haut. Schimpft mit dem Gerät und über diese Situation die ihn sichtlich überfordert. Er sagt, dass die Dienste nicht auf Kinder wie M. eingestellt sind. Zu intensiv. Eine Zumutung. Mein Vertrauen in ihn schwindet. Hektisch spritz er die schmerz Medikamente in den Port. Es müsste schnell besser werden. Das wird es nicht. Das Kind auf meinem Arm weint immer noch vor Schmerz. Bis die Krankenschwester merkt, dass der Arzt die falschen spritzen genommen hat. Er wird hektisch was hat er da gemacht?! Er versucht das geschehene aufzudröseln. Was wurde da gerade gespritzt und in welcher Menge? Keiner weiß es. Mein Herz schlägt schneller. Mir wird schummrig. Was passiert hier? Mein Sohn weint immernoch. Aua! Aua! Aua! Endlich löst sich diese Situation. Er hat anstatt Morphium Kochsalz Lösung gespritzt. Es ist nichts schlimmes passiert. Ich überlege mir, was wäre passiert, wenn die Verwechslung andersherum stattgefunden hätte? Eine Katastrophe! Nicht auszumalen! Er spritzt nun das Morphium. Meine Augen beobachten alles genau, ich korrigiere ihn mehrfach. Endlich, endlich kommt mein kleiner Sohn zur Ruhe. Es ist 22 Uhr. Der Arzt atmet auf. Und schimpft weiter. Solche Situationen übersteigen seinem Ausbildungsstand. Warum hat er nicht den oberazt dazu geholt? Er sagt, er müsse es ja üben. Meine Wut wächst! M. Kommt zur Ruhe. Er drückt sich fest an mich, lässt mich nicht mehr los. Mein armes Kind! Es tut mir leid. So leid! Ich liebe Dich so sehr, du kleiner süßer Junge! Ich möchte dich beschützen. es ist doch meine Aufgabe lückenlos auf dich aufzupassen! Es tut mir leid was hier passiert! Ich gebe mein bestes. Mein Herz weint. Am nächsten Morgen wende ich mich sofort an zuständige vorgesetzte diesen Arztes. Es herrscht Entsetzen, Kopfschütteln. Das Geschehene ist nicht akzeptabel! Es wird Gespräche und Konsequenzen geben. Das tut mir ein bisschen gut. Wird aber nichts für meinen Sohn ändern. Leider gehört auch sowas zu unserem Leben mit unserem besonderen Kind. Besonders hart. Besonders schmerzlich


Die Portnadel

Immernoch in der Klinik. Viele schlaflose Nächte liegen hinter mir. Ich bin müde. Ich muss schlafen! Die chancen dafür stehen gar nicht schlecht. M. kommt zur Ruhe, schläft entspannt. Wie schön, so habe ich ihn lange nicht mehr gesehen. Ich bespreche mit der Nacht Schwester, dass sie M. größtenteils versorgt. Ich kann nicht mehr. Sie ist einverstanden, ich vertraue ihr. Alles sieht nach einigen Stunden Schlaf aus! Ich bereite alle Materialien für die Krankenschwester vor. Um 23 Uhr liege ich im Bett, Licht aus. Gute Nacht! Schlafen bis 4 Uhr, erst dann muss ich wieder eine Infusion umstöpseln. Um 0.30 Uhr tönt ein Pumpen alarm. Ich versuche das schrille piepen zu überhören. Die Krankenschwester ist verantwortlich. Ich drehe mich um. Ich möchte schlafen. Nach endlosen Minuten kommt die Krankenschwester. Ich bewege mich nicht. Sie kann das. Sie beendet den Alarm. Der port gibt einen druckalarm. Sie muss M. nur Umlagen, dann läuft die parenterale Nahrung wieder. Sie hat die selbe Idee. Sie lagert M. um, startet die Pumpe. Diese gibt sofort wieder alarm. Als nächstes würde ich die klemmen kontrollieren, denke ich. Immernoch unfähig mich zu bewegen. Ich muss doch schlafen! Die Krankenschwester schaut sich die Leitung genau an, kontrolliert dass alle klemmen offen sind. Sie startet die Pumpe erneut. Sofort dringt der schrille alarm durchs Zimmer. Ich merke, sie wird langsam etwas nervös. Keine Panik, was soll schon sein! Ich drehe mich um, biete meine Hilfe an. Sie reagiert sichtlich erleichtert. Ob ich noch eine Idee hätte. Klar vermutlich ist die Leitung abgeknickt. Ich kontrolliere den gesamten Verlauf. Finde aber das Problem auch nicht. Sie fragt mich, was wir noch tun könnten. Keine Ahnung, dieses Problem hatten wir noch nie. Ich bin mittlerweile hellwach. Ich ziehe steril eine Ampulle Kochsalz auf. Mit mundschutz und sterilen Handschuhen versuche ich den Port von Hand zu spülen. Es geht nicht! Ich bekomme keinen Milliliter rein gespritzt. Langsam werde auch ich nervös. Die Krankenschwester ruft die diensthabende Assistenzärztin hinzu. Ich knibbel das Pflaster über der port Nadel ab. Vielleicht liegt da das Problem. Junior ist mittlerweile wach. Er findet den ganzen Trubel natürlich gar nicht gut. Auch unter dem Pflaster erkenne ich kein Problem. Die Ärzte versucht sich auch im anspülen. Es geht nicht! Um 1.30 Uhr ruft sie die Oberärztin an. Ich höre ihre müde, ratlose Stimme durchs Telefon. Sie hat auch keine plausible Idee. Sie würde die Nadel raus machen, eine neue stechen. Die junge Assistenzärztin hat noch nie eine portnadel gestochen. Verzweifelt fragt sie ins Telefon, ob die Oberärztin kommt um das zu machen. Die Mama kann das doch. Ob es okay wäre, dass die Mama die Nadel sticht während die Assistenzärztin mir anreicht und die Oberärztin im Bett bleiben kann. Habe ich eine wirkliche Wahl? Ich bin müde. Ich muss schlafen donnert es in meinem Kopf. Gleichzeitig nicke ich. Einverstanden. Ich stelle mir vor, wie die Oberärztin erleichtert das Telefon zur Seite legt und es sich gemütlich macht. Sie kann weiter schlafen. Ich sage ich brauche eine sterile Schere sterile Unterlagen und eine Port Nadel. Alles weitere habe ich im Zimmer. Die Krankenschwester geht los um alles zu organisieren. Ich sammle sterile Kompressen, Kanülen, spritzen, Kochsalz Ampullen, Desinfektionsmittel usw zusammen. Es ist 2 Uhr. Die Krankenschwester kommt - in der gesamten Klinik ist keine passende portnadel aufzutreiben. Ob mein Mann kommen könne, eine Nadel von zuhause bringen. Wie stellt sie sich das vor, zuhause schlafen unsere Mädels. Wir können sie unmöglich mitten in der Nacht eine Stunde alleine lassen! Ratlosigkeit. Dann die rettende Idee. Wir schicken ein Taxi, welches die Nadel bei uns zuhause abholt und auf Station bringt. Es vergeht eine weitere Stunde des Wartens. Ich wasche mein Gesicht mit kaltem Wasser um wach zu bleiben. Ich frage mich, ob ich überhaupt in der Verfassung bin, um diese Aufgabe gut zu bewältigen. Ich bin so müde, nicht ich selbst. Ein bisschen ärgert es mich, dass es in einer Klinik, in der ein port kind betreut wird, keine portnadel aufzutreiben ist. Ich ärgere mich darüber, dass ich die Aufgaben der Ärzte übernehmen muss. Ich frage mich, wie soll der nächste Tag werden wenn ich jetzt wieder nicht schlafe. Um 3 Uhr bringt ein Taxifahrer die portnadel. Jetzt haben wir alles beieinander. Ich frage die junge Ärztin, ob sie stechen möchte. Sie möchte nicht. Sie kann das nicht. Ich versuche mit aller Kraft die Müdigkeit zu überwinden und ordentlich zu arbeiten. Ich werde alle Materialien steril ab. Entlüfte die portnadel. Ich desinfizieren die Haut in die ich gleich stechen werde. Ich halte kurz inne, überprüfe ob ich an alles gedacht, alles gut vorbereitet habe. Ich Decke junior steril ab und steche die 2cm lange Nadel in meinen Sohn. Ich traue mich erst nicht, das System anzuspülen. Was, wenn es immernoch nicht funktioniert? Das wäre eine Katastrophe! Ein kaputter Port würde eine Not OP bedeuten. Dafür müssten wir in eine andere Klinik verlegt werden. Ich frage die junge Ärztin, ob sie spülen wolle. Ich traue mich nicht. Sie möchte es nicht. Hat keinen Vergleich. Ich atme zwei Mal tief durch und drücke auf den Konus der Spritze. Es funktioniert Butterweich! Ein riesen Fels Block fällt mir vom Herzen. Erleichterung im ganzen Zimmer. Ich fixieren die Nadel gut. Verbinde alles steril. Ich bereite eine neue Nahrungs Infusion vor, hänge sie an. Ich ziehe meinen Sohn wieder an. Er ist so müde. Die Krankenschwester und die Ärztin verlassen das Zimmer. Junior sinkt in die Kissen und schläft zügig ein. Ich Räume noch alles auf. Es ist 4.30 Uhr. In zwei Stunden können Krankenschwester und Ärztin nach Hause fahren. Ihre Schicht ist beendet. Sie werden vermutlich ein paar Stunden schlafen. In zwei Stunden wird die Frühschicht bei uns im Zimmer stehen, Infusionen anhängen. In zwei Stunden wird mein Tag starten. Mein Tag, der keine Pause erlaubt, keine rast vorgesehen hat. Ich spüle noch die peg meines Sohnes und lege mich auch wieder hin. Ich bin müde. Ich muss schlafen. Mir bleiben knapp zwei Stunden. Vielleicht sollte ich meine Nachtschicht der Klinik in Rechnung stellen? Einmal oberazt Gehalt bitte. Ich schmunzeln bei diesem Gedanken und schlafe ein.


Krankenhaus

Heute geht es M. Etwas besser. Seit über einer Woche sind wir wieder in der Klinik. Bisher hatte er kaum Kraft zum spielen. Nun sitzt er gut gestützt in seinem Bett und spielt mit einem playmobil Krankenhaus. Ich freue mich, dass seine Kraft heute dafür reicht. Gleichzeitig erschrecke ich, als ich sehe wie real diese Krankenhaus Welt für ihn ist. Seine Welt, in der er mit Bauernhof Tieren und der Polizei Wache nicht viel anfangen kann. Das Krankenhaus ist seine Welt, da kennt er sich aus wie keiner sonst. Er stattet die Krankenhaus Zimmer mit Betten aus und legt die Kinder hinein. Jedes Kind hängt an einer Infusion. Manche bekommen Atem Masken. Ein Baby liegt im inkubator. Als nächstes holt er ein Männchen aus der Plastik Kiste. Der Arzt. Mit dem Arzt geht er von Bett zu Bett. Er sagt den Kindern er müsse sie stechen. 'nur ein kleiner pieks'. Er schaut sich Arme und Beine der kleinen playmobil Kinder Figuren an und sagt 'ganz ruhig. Ich tu nichts. Ich gucke nur' um gleich im nächsten Moment zu zustehen. Er desinfiziert und klebt imaginäre Pflaster. Bei manchen Kindern reicht ein pieks nicht. Der playmobil Arzt sagt 'oh, Vene geplatzt' und sticht erneut zu. Ein Kind wird abgeholt. Es muss runter. Es soll ein Foto von seinem Bauch gemacht werden. Das Kind weint auf dem Weg zum röntgen weil es ihm schlecht ist. Im richtigen Raum angekommen muss es sich übergeben. Die playmobil Mama sagt dass wir so kein Bild machen können. Zuerst müssen wir eine Tablette geben, dass das Schlecht weg geht. Die Tablette muss im Mund zerfallen. Die playmobil Mama zählt bis zehn. Dann geht's dem Kind besser, nun kann der Bauch durchleuchtet werden. Als alle Kinder wieder in ihren Zimmern sind kommt schon wieder der Arzt ins Zimmer. Er sagt dass die blutwerte schlecht sind. 'nicht gut'. Ein Krankenwagen ist zu hören. Tatütata. Ein Kind wird ausgeladen. Ich übernehme die Rolle des Arztes, renne zum Krankenwagen und frage, was das Kind denn hat. Ich bekomme zur Antwort, dass das Kind krampft und schon ganz blau ist. Wir brauchen schnell das Notfall Medikament. Das kleine playmobil Mädchen mit rotem Pulli wird ins Bett gepackt. M. schaut was es noch in der Kiste gibt. Er angelt einen Clown raus. Heute ist Clown Tag. Der playmobil Clown geht von Zimmer zu Zimmer. Er singt und macht Seifenblasen. Dann wird ein Kind entlassen. Es sagt Tschüß. Im Aufzug bekommt es wieder starke Schmerzen. Es muss doch nochmal da bleiben. In der Kiste findet M. Rollstühle, Messlatten, Stethoskope, infusions Ständer und Untersuchungs liegen. Alles räumt er völlig selbst verständlich ein. Bei vielen Teilen frage ich mich, ob ein gesundes Kind damit etwas anfangen könnte? Ob es wüsste, was es da gerade in der Hand hält. Eher nicht. Die Kräfte werden weniger. M. wird blass und müde. Bevor er das Krankenhaus zu Seite stellt muss noch ein kleiner playmobil Junge in den OP. Er bekommt eine Bauch sonde. M. macht noch einen Verbands Wechsel, spült die Sonde und hängt einen Ablauf beutel an. M. fällt zurück in die Kissen, schläft schnell ein. Wie schön er gespielt hat. Ich freue mich. Er wirkt heute gelöst.schmerzfrei. Orientiert. Kurz denke ich, es wäre schöner, er würde Bauernhof spielen oder mit den Polizei Figuren. Diesen Gedanken schiebe ich schnell zur Seite. Er spielt was er kennt. Er verarbeitet erlebtes. Er spielt anders. Er spielt besonders. Der echte infusomat schrillt. Die Infusion ist durch gelaufen. Willkommen in der Realität.


Eine Nacht in der Kinderklinik

Es ist mal wieder so weit. Spontan und unvorbereitet müssen wir stationär in der Klinik bleiben. Wie so oft, wenn es möglich ist, bekommen wir ein Einzelzimmer. Noch bevor ich das Zimmer erreiche, ruft eine Krankenschwester über den Flur, ob ich wieder ihre Kaffeemaschine aufs Zimmer möchte. Ja. Ja! Danke! Ich schreibe eine fast Endlose Liste, was wir alles ins Zimmer brauchen. Desinfektionsmittel, Tupfer, Filterkanülen, Leitungen... Die nette Krankenschwester kommt kurz drauf schwer beladen mit allem was wir brauchen um M. zu versorgen. Das Zimmer ist schnell eingerichtet. Für M. Bett brauche ich noch decken, Kissen, Lagerungselemente. Wir haben haben Routine. Sind bekannt auf der Station. Dankbar stelle ich fest: wow, es läuft erstaunlich gut heute! Junior ist krank, schläft früh ein. Er soll alle zwei Stunden eine Schmerzmittel Infusion bekommen. Dazwischen Antibiotika und die routine Medikamente. Ich ahne, dass da eine anstrengende Nacht auf uns zukommt. Ich bleibe erst mal wach. Lese etwas. Die Infusionen laufen vor sich hin. Immer wenn ein Fläschchen leer ist, werde ich durch den schrillen Alarm des Infusomaten aus meinen Gedanken gerissen. Ich drücke den roten Knopf an der Patienten klingel. Eine Krankenschwester kommt, hängt die Leere Flasche ab, eine neue an. Kurzer smalltalk. Und dann kann ich mich meinem Buch widmen.

Um 22 Uhr stellt sich die Nacht Schwester vor. Wir kennen uns. Unterhalten uns ein bisschen. Sie sagt was in der Nacht alles ansteht. Volles Programm.

Um 23 ist die nächste Infusion dran.so Lange bleibe ich noch wach. Sie Stöpselt an. Eine halbe Stunde später ist das Fläschchen leer. Sie hängt eine Spülung an. Diese läuft nochnal zehn Minuten. Danach kann ich schlafen. Die Spülung ist durch. Sie kommt, Stöpselt ab und sagt dass sie jetzt das Medikament anhäng, was eigentlich nachmittags dran gewesen wäre. Okay, diese halbe Stunde warte ich noch. Der infusomat tönt. Ich Klinge. Die Schwester kommt. Hängt ab und die Spülung an.

Es ist 1 Uhr. Um 2 Uhr ist die nächste Infusion dran. Eine Stunde! Jetzt schlafe ich eine Stunde! Daraus wird nichts. Junior wird wach. Er hat Schmerzen. Ich klingle.ja,wir können die Infusion vorziehen. Während sie einläuft trage ich M. Im Zimmer auf und ab. Langsam kommt er zur Ruhe. Er schläft wieder ein, der infusomat bimmelt laut. M. Ist wieder wach. Infusion ab, spülung dran. M. schläft wieder ein. Spülung ist durch. Wird abgestöpselt. Ich lege mich in mein Bett.

Es ist 2.30 Uhr ich bin gerade am einschlafen. Die Tür geht auf, das Antibiotika ist dran. Ich nutze die Zeit während es läuft um M. zu wickeln. Viele Infusionen bedeuten viel Flüssigkeit und viel Pipi. Das Antibiotika ist durch. Ich klingle.es wird abgehängt, die spülung kommt ran. In zwanzig Minuten ist das nächste Schmerzmittel dran. Einschlafen lohnt sich wieder nicht. Ich fange an, diese Zeilen zu schreiben. Während das nächste Medikament einläuft, muss regelmäßig der Blutdruck gemessen werden. Die Manschette ist bereits an Juniors Bein. Die Krankenschwester kommt, hängt das Medikament an. Startet das Blutdruckmessgerät. Die Manschette an dem kleinen Bein pustet sich auf. Junior wird wach. Er hat keine Lust auf Blutdruck Messen. Den Wert können wir nicht nehmen, wir messen nochmal, wenn er wieder schläft. Ich versuche ihn wieder zum einschlafen zu überreden. Der infusomat bimmelt. Ich klingle. Medikament ab. Spülung dran. Dann sind wir mit den Medikamenten erst mal durch.

4.15 Uhr. Ich atme erleichtert auf. Die freundliche Krankenschwester spricht weiter. Allerdings müssen wir gleich noch den Beutel für die Nahrungs Infusionen umstöpseln. Damit sind wir um 4.45 Uhr fertig. Ich lagere junior. Schaue nach dem Magen Ablauf. Das sieht gut aus.

Um 5 Uhr lege ich mich hin. Mache die Augen zu. Ich bin müde. Während ich einschlafen höre ich, wie M. würgt. Sofort sitze ich im Bett um das schlimmste zu verhindern. Zu spät. Er übergibt sich. Trifft Bett, Boden und natürlich sich selbst. Ich klingle. Während ich ihn ausziehe, wasche und anziehe bezieht die Krankenschwester das Bett. Ich freue mich heimlich, dass das nicht meine Wäsche ist.

Es ist 6 Uhr. Die Krankenschwester verabschiedet sich. Sie macht jetzt die Übergabe an den früh Dienst. Hat dann Feierabend.

Um 7 Uhr geht es weiter mit der nächsten Infusion. Ich lege mich nochmal hin. Bis 7 Uhr ist es noch eine knappe Stunde, das lohnt sich noch einen Schlaf versuch zu wagen. Der Versuch scheitert. Junior ist hellwach. Er möchte Buch gucken, unterhalten werden. Guten Morgen Sonnenschein! Schön, dass es dir heute morgen so gut geht. Der Tag beginnt. Um 7 Uhr steht die Schwester der Frühschicht gut gelaunt im Zimmer um die Infusion anzustöpseln. Guten Morgen, haben Sie gut geschlafen? Da hat der Nachtdienst bei der Übergabe wohl vergessen dieses winzig kleine Detail zu erwähnen, dass an Schlaf nicht zu denken war. Während junior Medikamente in die Vene gepumpt bekommt mache ich Kaffee, gleich einen doppelten. Guten Morgen lieber Tag, was steht heute an?


Eine Nacht zuhause

Jeden Tag fange ich um 16 uhr unser alltägliches Programm an: Nahrungsinfusionen vorbereiten, überleitsysteme entlüften. Infusionen mit Medikamenten vorbereiten. Das alles natürlich steril. M. liegt auf dem 'sterilen Sofa'. Ein extra hierfür eingerichteter Platz im 'sterilen zimmer', ehemals Gästezimmer. Ich ziehe ihn aus. Das kann er nicht alleine. Eine Wärme Lampe sorgt dafür, dass er nicht auskühlt. Sein Körper kann die Temperatur nicht selbst halten. Mit Mundschutz und sterilen Handschuhen ausgestattet stöpsel ich die alte Infusion ab. Ich desinfizieren die Anschlüsse und schließe die neue Leitung an. Als erstes lasse ich ein Medikament einlaufen. Während diese Infusion Tropfen für Tropfen in meinen Sohn läuft, mache ich einen Verbandswechsel an der peg (sonde durch die Bauchdecke in den Magen). Ich reinige die einstichstelle, den Schlauch und die Halteplatte. Ich Creme den einstichkanal ein und verbinde alles neu. Ich kontrolliere das Pflaster am Port. Ganz wichtig, dass das immer dicht abschließt um eine Sepsis vorzubeugen. Ich kontrolliere seine Körpertemperatur und ziehe ihn wieder an. Ich putze ihm unter protest die Zähne. Er würgt.

Eineinhalb Stunden später ist er Bett fertig. Ich trage ihn die Treppe hoch und lege ihn in sein beheiztes Bett. Es ist schön warm. Sein Bett wird die gesamte Nacht beheizt, seine Körpertemperatur ist wieder unter 35. Während er dankbar einschläft, ziehe ich mir wieder einen mundschutz und sterile Handschuhe an. Ich Stöpsel das Medikament ab, hänge ein weiteres an. Nach zwei Stunden bin ich erstmal fertig.

Die großen mussten sich in der Zeit selbst beschäftigen. Wenn es in der Zeit an der Tür klingelt, müssen sie das Paket annehmen. 'Mama ist gerade steril'. Sie nehmen Anrufe entgegen 'Mama ist gerade steril, kann ich was ausrichten?' sie ziehen sich selbstständig um und decken den Tisch.

18 Uhr, mittlerweile ist Papa auch da. Es gibt Abendessen. Die Mädchen genießen es, dass M. schon im Bett ist. Endlich ist Zeit, dass sie erzählen können. Endlich ist mein schoß frei für sie und meine Gedanken frei genug, ein Buch vorzulesen.

19 Uhr. Während die großen Zähne putzen, stöpsel ich nochmal die Infusionen um. M. schläft. Er fühlt sich warm an. Die Sonde fördert gut. Ich schleiche mich seinen Zimmer, schließe die Tür und bringe ihn Ruhe die Mädels ins Bett. Feierabend! Ich erledige, was ich tagsüber im Haushalt nicht geschafft habe. Ich bereite die Medikamente für die Nacht vor.

Um 23 Uhr bekommt M. nochmal eine Infusion. Sie läuft etwa eine halbe Stunde. Ich Stöpsel wieder ab. Kontrolliere die parenterale Nahrung. Kontrolliere den peg Ablauf. Leere den beutel mit Magen Sekret. Ich kontrolliere die Körpertemperatur. Ich küsse meinem schlafenden Sohn auf die Stirn und falle selbst müde ins Bett.

Gegen 1 Uhr wird er wach. Übelkeit plagt ihn. Ich bin nicht schnell genug. Er übergibt sich. Ich ziehe ihn aus, wasche ihn, ziehe ihn an. Ich gebe ihn etwas gegen Übelkeit und sorge dafür, dass die verstopfte Sonde wieder durchgängig ist. Ich beziehe sein Bett, er kuschelt sich wieder ein. Ich schalte noch schnell eine Waschmaschine an. Ich schlappe zurück ins Bett. Im babyfon höre ich, dass M. nestelt. Er wird schon hoffentlich nicht am Port Pflaster knibbeln. Ich schaue lieber nach. Das Pflaster ist halb ab. Ich klebe es zu. Falle ins Bett. Schlafe sofort ein.

Der Wecker klingelt, 3 Uhr. Das nächste Medikament ist dran. Mundschutz, sterile Handschuhe liegen bereit. Ich Stöpsel an. Bleibe wach, nutze die Zeit zum wickeln. Ich stöpsel eine halbe Stunde später wieder ab, lagere junior und gehe wieder ins Bett.

5 Uhr junior ruft. Der Magen Ablauf beutel ist abgefallen. Das gesamte Magen Sekret und Galle lief ins Bett. Ich ziehe ihn aus. Wasche ihn. Ziehe ihn an. Ich beziehe das Bett frisch. Bringe es dieses mal nicht zur Waschmaschine. Wir schlafen nochmal ein.

6 Uhr der Wecker klingelt. Der Tag beginnt. Im Flur riecht es nach Galle. Ich trage die Wäsche zur Waschmaschine. Junior wacht weinend auf. Guten Morgen lieblings Sohn! Er hat Schmerzen. Ich richte Frühstück und eine Infusion mit Schmerzmittel. Stöpsel steril an. Stöpsel steril ab. Junior liegt auf dem Boden. Weint. Ich brauche Kaffee. Nur mäßig erholt freue ich mich auf einen neuen Tag. Also ja- ich freue mich wirklich auf einen neuen geschenkten Chaos Tag!


Eine Nacht in der Notaufnahme

Irgendwann im Dezember. Es war mal wieder eine Notfall Situation. Es ist mitten in der Nacht, 1.00 Uhr. Junior fiebert plötzlich sehr hoch. Krampft. Ist apathisch. Da brauchen wir nicht überlegen. Wir packen ihn ins Auto. ich lass mir noch schnell einen Kaffee raus. Wähle die extra kräftige Stärke. Los geht's. Das gute an dieser Uhrzeit sind die freien Straßen. Kein Stau, kaum rote Ampeln, niemand der langsam vor mir her fährt. Wir stellen einen neuen Rekord auf. So schnell war ich noch nie auf Ebene fünf im Parkhaus. So viele Parkplätze hatte ich noch nie zur Auswahl. Schnell packe ich M. aus seinem Autositz in den reha buggy. Decke ihn gut zu. In meiner Tasche habe ich das nötigste dabei. Etwas Geld, Handy samt aufladekabel. Medikamente und Pflege Utensilien für die nächsten Stunden. So laufe ich in die Kinder Notfall Ambulanz. Der Pförtner kennt uns schon. Grüßt flüchtig.

Es ist 2.30 Uhr. Müde bin ich nicht. Freundlich werden wir von einer Krankenschweste begrüßt. Auch sie kennt uns. Nimmt uns gleich mit ins Behandlungszimmer. Der Arzt kommt zügig. ' ah, der M. ist da. Schön Sie zu sehen. Wie geht's Ihnen? Wow, ist der groß geworden!' ebenfalls ein bekanntes Gesicht. Kurzer smalltalk, fast wie bei guten Bekannten. Junior wird an Monitore angeschlossen, Blut wird abgenommen, Infusionen angehängt. Gott sei Dank ist er schnell stabilisiert. Ein rettungssanitäter bringt ein kleines Mädchen mit Ausschlag und Atemnot. Die Mutter wirkt panisch. Der Arzt kümmert sich um das Mädchen. Eine Stunde später darf sie wieder nach Hause. M. Schläft auf der Liege in der Notfall Ambulanz. Ich sitze neben ihm auf einem Holz hocker. Dass wir stationär bleiben müssen war schnell klar. Noch gehen wir aber nicht auf die Station, da er hier besser überwacht ist.

Es ist 4 Uhr. Ich habe noch nicht geschlafen. Dieser Holzhocker wird zunehmend unbequem. Die Nacht Schicht heute verläuft ruhig. Die Krankenschwester setzt sich einen Moment zu mir. Wir unterhalten uns über unsere Kinder. Ihre sind gesund. Sie weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Nimmt es dankbar als Geschenk an. Wieder eine Temperatur- und Blut Kontrolle bei M. Die Entzündungswerte steigen weiter.

5 Uhr. Der Arzt denkt langsam an Feierabend. Er freut sich aufs Bett sagt er. Ich weiß, dass ich tagsüber nicht nachschlafen kann. Junior wird mich voll und ganz brauchen. Was würde ich jetzt um einen Sessel geben. Kurz zurücklehnen.

5.30 Uhr. Langsam kehrt Leben in die Klinik. Ich sitze immer noch auf diesem Hocker, halte die Hand meines Sohnes.

Um 6.30 Uhr verabschiedet sich die Krankenschwester. Sie darf nach Hause. Dort warten ihre Kinder auf sie. Sie wird sie noch in den Kindergarten bringen.dann hat sie ein paar Stunden zum schlafen. Ich merke die Müdigkeit nun auch sehr deutlich. Der Rücken schmerzt. Ich kann nicht länger auf dem Holz hocker sitzen. Ich laufe durch den kleinen Raum. Die Schwester vom Frühdienst kommt. Wir kennen sie, sie kennt uns. Wieder müssen die blutwerte kontrolliert werden.

Es ist 7.30 Uhr. Ich brauche einen Kaffee! Ich weiß, wo der nächste Automat ist. Ich lasse M. kurz mit der Schwester alleine. Mit Kaffee und einem Schokoriegel komme ich zurück. M. schläft. Eine putzfrau leert die Mülleimer, wischt über freie Oberflächen.

8.30 Uhr, auch die Ärzte hatten mittlerweile schichtwechsel. Eigentlich könnten wir schon auf Station, M. ist stabil. Dort ist viel los und krankheitsbedingt zu wenig Personal. So bleiben wir noch in dem kleinen Ambulanz Zimmer. Müde und hungrig sitze ich auf dem ungemütlichen Hocker. Junior schläft die meiste Zeit.

Bis 14 Uhr muss ich noch warten, bis man uns auf der Station aufnehmen kann. Nach einer Nacht ohne Schlaf und 12 Stunden Holzhocker ist das Krankenhaus Zimmer mit der klappbaren Elternliege purer Luxus!


Besonders

Heute unterhielt ich mich mit meinem Mann über einen Arzt, über den wir uns vor drei Jahren sehr geärgert haben. Ihm stellten wir unsern M. Kurz vor dessen zweiten Geburtstag vor. Ein neuropädiatrer den wir um seine Meinung zu M. Entwicklungsstand baten. M. lief nicht, hatte keine Worte, kein sprachverständnis, konnte nicht essen. Zu diesem Zeitpunkt war völlig unklar, was M. hat und in welche Richtung es geht. Aber dass seine Entwicklung auffällig war, wurde immer deutlicher. Besagter Arzt nahm sich kaum Zeit, schaute sich M. Nur halbherzig an. Letztlich wertete er M. Auffälligkeiten Als elterliches Versagen. Er nannte uns Helikopter Eltern. Sagte wörtlich 'Schauen Sie sich den an, der hat doch nichts'. Wir müssten ihn mehr Freiheiten lassen blablabla. Dies verletzte und verunsicherte uns damals sehr. Sahen wir doch eindeutig, dass unser Sohn 'anders' ist und erhofften uns Hilfe und Unterstützung. Drei Jahre später ist klar, dass dieses Kind, 'das nichts hat' schwerst krank ist. Er überrascht uns immer wieder mit weiteren Entwicklungs Fortschritten, wird aber nie an gleichaltrige anschließen. Zum Spaß sagte nun mein Mann 'Wir sollten nochmal zu Dr. *** und ihn fragen, ob er immernoch seine Meinung vertritt, dass M.' nichts hat' ' unsre Mädels hören das Gespräch mit und fragen natürlich nach. Ich möchte nicht weit ausholen und sage, dass wir über einen Arzt sprechen, der mal ziemlich doof zu uns war. Ihnen fällt gleich ein Arzt ein, mit dem wir vor einiger Zeit angeeckt sind. Nein. Der war anders doof. Ich versuche zu erklären, dass er der erste Arzt war, der den M. genauer angeschaut hat und dass er ihn nicht 'besonders' fand sondern sagte, dass wir alles falsch machen und M. eigentlich ein ganz normales Kind ist. Das reicht den Mädels. Ganz empört unterbrechen sie mich. Der hat gesagt dass M. kein besonderes Kind ist?! Das kann doch nicht sein! Wir sind doch alle besonders! Keiner ist nicht besonders . Oder sind wir etwa alle gleich? Nein, jeder ist ganz besonders! Das weiß der wohl nicht! Der ist wirklich doof! Ich bekomme sie kaum gestoppt. Sie haben ja so recht! Ich kommentiere es nicht weiter, bestätige lediglich, dass sie sehr besonders sind. Meine ganz besonders klugen Mädchen eben, die ich ganz besonders liebe. Wie gut, dass sie M. einfach als ganz normales Kind sehen. Ihren Bruder. Sie kennen ihn nicht anders. All die Kabel und Schläuche die an ihm hängen sind Alltag für unsre Mädels. Dass er nicht isst und nur einzelne Worte spricht Normalität. Dass er immer wieder ins Krankenhaus muss, dass er krampft und sich oft übergibt gehört dazu. Sie sehen nicht primär seine äußerliche Schwäche. Sie sehen seinen ganz feinen Charakter, sein liebevolles Herz, seinen quatsch Kopf. Ich wünschte das würde mehr Menschen gelingen - das Kind, nicht die Behinderung zu sehen.


Geht nicht...!?

Hätte ich jemals eine Liste geschrieben mit Dingen, die man mit behinderten Kindern nicht tun kann, so hätte ich mit Sicherheit 'Schlittschuh laufen' mit aufgelistet. Seit einigen Wochen liegen uns unsere Mädels in den Ohren, dass wir genau das endlich mal zusammen machen müssen - Schlittschuh laufen. Erst habe ich dieses Thema abgeblockt - geht nicht! Unser M., der auch ohne Schlittschuhe an den Füßen, auf festem Grund nur sehr wackelig auf den Beinen ist, auf einer Eisbahn? Er kann das nicht. Geht nicht. Sie ließen nicht locker. Bis ich mich irgendwann hinterfragte. Geht es wirklich nicht? Oder ist es nur mit etwas mehr Aufwand verbunden als bei gesunden Kindern? In meinem Kopf reifte der Gedanke es doch einfach mal zu versuchen. Bis ich es eines morgens einfach aussprach 'Kinder, wie wäre es wenn wir heute Schlittschuhlaufen gehen?' sie jubelten vor Freude. Schnell waren alle angezogen. Im Auto noch die Ansage 'wenn es zu kalt, zu laut, zu voll für M. ist, gehen wir sofort wieder. Als alle ihre Schlittschuhe anhatten die erste Hürde : niemals kann junior auf Kufen den Weg von der Bank zur eisfläche laufen. Ich, ebenfalls auf Kufen muss ihn wohl tragen. Auf dem Eis schlittern die großen gleich los. Sie machen das super! M. Kann nicht mal auf dem Eis stehen. Das war klar, kurz verliere ich den Mut. Bis ich in sein Gesicht schaue. Er hängt an der Umrandung der Eisbahn. Zusätzlich halte ich ihn fest dass er nicht stürzt. Aber er strahlt übers ganze Gesicht. So sieht Glück aus! Er muss sich mächtig groß fühlen. Er darf Schlittschuh laufen, genau wie der Rest der Familie und so viele andere Kinder um uns rum. Ich halte ihn fest, ziehe ihn übers Eis. Würde ich ihn los lassen, würde er in sich zusammen sacken. Ich lasse ihn nicht los. Ziehe und schiebe weiter. Mein Rücken fängt an zu schmerzen. Egal. Dieses Kind ist in diesem Moment so glücklich. So stolz. Ein Moment fast wie bei ganz normalen Familien. Ich versuche dieses Glück einzufangen. Festzuhalten. Hin und wieder flitzen die Mädels strahlend an uns vorbei. Auch sie sind glücklich. Solche Ausflüge sind nicht an der Tagesordnung. Was ganz besonderes. Ich bin dankbar, dass sie mich überredet haben. Dankbar für den Moment. Ich bin glücklich. Ich ziehe M. noch eine Weile über die glatte Eisfläche. Es dauert nicht lange, bis er mir signalisiert dass die Kraft aufgebraucht ist. Es reicht. Er kann nicht mehr. Ich trage ihn zur Bank außerhalb und ziehe ihm die schweren Schlittschuhe aus. Er sieht erschöpft aus. Die restlichen Wege muss ich ihn tragen. Doch er ist glücklich. Wir sind glücklich. Im Auto auf dem Weg nach Hause denke ich mir : geht nicht? Gibt's nicht! Ich nehme mir fest vor, bei den nächsten Ideen der Mädels daran zu denken.


Für Dich

Du wurdest mir anvertraut. So klein so schwach. So krank.

Mein verletzliches Kind.

Sofort habe ich dir ewige Liebe geschworen.

Mein perfektes Kind.

Einen Moment habe ich mich noch gewehrt. Ein krankes Kind - hier läuft was verkehrt. Das habe ich mir anders vorgestellt. Doch ein Zurück gibt es nicht mehr.

Mein Schmerzen kind.

Du verändertest mein ganzes Leben. Du ordnest meinen Tageslauf. Jede Nacht stehe ich für dich auf.

Mein Kämpfer Kind.

Du bringst mich ans Limit, immerzu. Doch deine Nähe gibt mir Kraft. Gemeinsan haben wir schon so viel geschafft.

Mein krankes Kind.

Du forderst mein bestes ein. Ich diene dir. Schmerz und Glück und Liebe. Dankbarkeit und Verzweiflung und Glaube. Du machst mich klüger.

Mein hoffnungs Kind.

Du hast mich viel gelehrt, doch noch mehr gegeben.

Mein besonderes Kind.

So viele Fragen und Sorgen und Ängste. Was kommt, was bleibt? Nur eins weiß ich an jedem Tag mehr: ich liebe dich -

Mein Kind!


Jeden Tag vergolden

Neulich im Gespräch sagte mein Gegenüber 'Wir müssen jeden Tag vergolden.' Ich habe sie erst falsch verstanden. Jeden Tag vergeuden? Vergolden. Vergeuden. Diese zwei Worte sind so nah beieinander und könnten unterschiedlicher nicht sein. Das hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Vergolde Ich meine Tage oder vergeuden ich sie? Ich nehme mir jeden Morgen vor, einen vergoldeten Tag zu schaffen. Ein Tag voller Freude, voller Dankbarkeit. Mit Lachen und Liebe. Ein Tag der mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert wenn ich rückblickend daran denke. Einen Tag mit tiefe. Einen Tag, der sich zu Leben gelohnt hat. Ja, das wünsche ich mir. Durch die schwere Erkrankung unseres Sohnes wurde uns bewusst, wie kostbar jeder einzelne Tag ist. Dass jeder Moment wertvolles und einzigartiges mit sich bringt. Wir müssen nur bereit dafür sein. Es ist eine Entscheidung die mehrfach am Tag neu getroffen werden muss: vergolden oder vergeuden? In beinahe jeder Situation ist wunderbares zu finden. Die Sonne, die das Gesicht wärmt. Lachende Kinder. Eine nette Begegnung an der Supermarkt Kasse. Gemeinsam singen. Eine Krankenschwester die ohne Zeitdruck und mit viel Liebe arbeitet. Der Duft vor frisch gebackenen Plätzchen. Das Feuer im Kamin. Die Ärztin mit dem Herz am richtigen Fleck. Ich könnte noch lange weiter schreiben. Gleichzeitig erlebe ich Menschen , die in allem immer Gründe zum motzen, grummeln und versumpfen finden. Sie vergeuden ihre Tage.Dabei spazieren wir doch unter der selben Sonne. Stehen im selben Supermarkt an der Kasse und backen sogar die selben Plätzchen. Es scheint doch eine Frage des Blickwinkels zu sein, eine Entscheidung die jeder immer wieder treffen muss: Suche und finde, bzw. schaffe ich den Goldrand um jeden Tag oder beende ich diesen unzufrieden, im Alltagssumpf mit einem grummeln? Ist dir eigentlich bewusst, dass jeder Tag ein Geschenk ist? Wir wissen, dass die Zeit mit unserm M. begrenzt ist und versuchen zu vergolden wo es geht. Im Moment zu sein. Kostbar ist dieses schmerzliche, unschlagbar schöne Ding namens 'Hier und Jetzt' . Diese Kostbarkeit sollte uns nicht erst mit einem Schicksalsschlag bewusst werden. Diese Entscheidung können und müssen wir alle jeden Tag neu treffen : vergolden oder vergeuden